Eigene Einschätzug

Um meine eigene Einschätzung zu dem von Paust beschriebenen Revolutionär Joseph Beuys abzugeben, müssen wir uns zunächst noch einmal auf ihre Aussagen berufen. Laut Paust ist Beuys einer der bedeutendster Künstler des 20. Jahrhunderts, was wohl auch auf Deutschland zutrifft, allerdings tue ich mich schwer die heutige Relevanz, welche Beuys für Paust noch zu haben scheint zu unterstützen. Für mich steht hier nicht die Person Joseph Beuys im Vordergrund, sondern sein Schaffen der „Sozialen Plastik“, welche auch für Paust eine wichtige Rolle spielt. Allerdings sehe ich davon ab die Soziale Plastik an sich auf Beuys zurückzuführen. Da er diese so betitelte und definierte und damit etwas schuf, an dem sich Menschen orientieren können, jedoch gab es schon vorher Soziale Plastiken, die jedoch nicht als solche gekennzeichnet waren. Daher ist für mich die Person Joseph Beuys zunächst einmal nebensächlich, auch wenn seine Ideen revolutionären Charakter haben, kann ich mich Paust nicht anschließen, wenn es darum geht welche maßgeblichen gesellschaftlichen Veränderungen sich dadurch tatsächlich vollzogen haben. Es erfolgte wohl eine Veränderung der Denk- und Betrachtungsweise von verschiedenen Aspekten des Lebens, ausgedrückt durch die Kunst, doch wirklich zur veränderten Handlungsweise der Allgemeinheit scheinen mir diese Denkanstöße nicht beigetragen zu haben.

Das ausgestellte Tier - Lebende und tote Tiere in der zeitgenössischen Kunst

Dr. Bettina Paust

Dr. Bettina Paust (Kunsthistorikerin, Kulturmanagerin) wurde 1962 in Berlin geboren. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte, Volkskunde und Geschichte in Regensburg ist sie vor allem durch die Leitung des Museums Schloss Moyland bekannt, dessen Erfolg sie maßgeblich beeinflusst hat. So führte sie unter anderem den Joseph-Beuys-Preis für Forschung ein und gestaltete zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und wissenschaftliche Austauschmöglichkeiten im Schloss Moyland mit. Durch dieses Engagement wurde das Schloss Moyland nicht nur national, sondern auch international bekannt, was auch die Stadt in einer Mitteilung verkündetet. Die künstlerische Direktorin legte dabei besonderen Wert darauf, das Schloss auch für die Allgemeinheit zu öffnen, durch Events, die nicht nur Fachpublikum ansprechen, sondern auch eine Vernetzung mit den Einwohnern der Region ermöglichen. Ebenfalls war sie Leiterin des Joseph Beuys Archivs der Stiftung des Museums Schloss Moyland.
Seit September 2018 leitet sie zudem das Kulturbüro der Stadt Wuppertal. Ihren eigenen Aussagen zufolge ist sie sehr erfreut darüber in einer so von Kunst und Kultur geprägten Stadt wie Wuppertal tätig zu sein.
Im Tätigkeitsfeld der Wissenschaft beschäftigen sich ihre Ausstellungen, Publikationen, Vorträge und Lehrtätigkeiten vor allem mit der Kunst des 20. Und 21. Jahrhunderts. Hierbei befasst sie sich unter anderem mit der Rolle des Tieres in der Kunst. In ihrer Promotion spezialisierte sie sich ins besonders auf die Haltung lebender exotischer Tiere. Im Zuge dessen wurde sie auf die Installation von Joseph Beuys „I like America and America likes me“ aufmerksam. In welcher Beuys mit einem lebenden Kojoten interagierte und sich die Beziehung zu diesem im Laufe der Aktion veränderte. Für Paust war dies ein Schlüsselerlebnis, weshalb sie sich in ihrer weiteren Forschung auch immer wieder mit Joseph Beuys, aber auch mit dem Tier beschäftigte. Ihre Forschung, begonnen mit barocken Menagerien (ein Vorläufer von zoologischen Gärten), erstreckt sich über Artikel zur „Schaulust am lebenden Tier“ (in: Animal Encounters, 2019) und endet schlussendlich bei zeitgenössischer Kunst und Künstlern. Wie auch bei Joseph Beuys. So plant sie bereits für Ende 2020 das erste Handbuch zu Joseph Beuys zu veröffentlichen.

Die Einschätzung des Joseph Beuys

Für Paust war Joseph Beuys nicht nur für die Kunstwelt einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts, er beeinflusste sogar ihren eigenen akademischen Werdegang maßgeblich. Ihren Aussagen zufolge veränderte Beuys durch seine Schaffung der „Sozialen Plastik“ die Vorstellung dessen, was eine Plastik ist. Er erkennt ihr den materiellen Status ab. Durch dieses Aberkennen und dem neuen sozialen Status der Plastik, strebte Beuys, nach Paust, gesellschaftliche Veränderungen an, welche auch heute noch relevant sind. Die Bedeutung von Beuys als Künstler sieht Paust heutzutage als Element, welches viele Aspekte der Kunstwelt miteinander verknüpft. Denn Beuys beschränkte sich in seinen Werken nicht nur auf die sogenannte Kunstwelt, sondern stellte seine Werke für jeden zur Verfügung und gestaltete sie dementsprechend ansprechend für die Allgemeinheit. So beschreibt Paust Beuys als Inspirationsquelle für junge Künstler, die nicht nur eine Plastik aus neuen Blickwinkeln betrachten können, sondern auch den Kunstbegriff im Allgemeinen hinterfragen lernen. Joseph Beuys kann somit als Anschauungsmaterial dienen, auch für Menschen, die bisher keinen direkten Zugang zur Kunst hatten. Zudem werden durch Beuys Fragen aufgeworfen, wie Kunst gesellschaftliche Veränderungen aufwerfen kann.