“I Like America and America Likes Me” (Joseph Beuys ,1974)

 

Mit dieser Aussage betitelt Beuys seine Aktion, die vom 21. bis zum 25. Mai 1974 in der Galerie René Block in New York zu betrachten war. Bei dieser Aktion verbrachte Beuys einige Tage mit dem Kojoten "little John" in einem abgeschlossenen Raum der Galerie. Im Zuge dessen wurden schwarz-weiß Fotografien dieser Aktion aufgenommen.
Unter anderem ein Foto auf dem Beuys eingewickelt in dunklem Filz dem Kojoten gegenüber steht. Dieses Foto wurde vom Inneren des Raumes aufgenommen, weswegen nur ein Ausschnitt des Raumes zu erkennen ist. In diesem ist Beuys sosehr in den Filzüberzug gewickelt, dass man ihn selbst nicht sieht, lediglich ein Hirtenstock schaut oben aus dem Filzumhang hervor. Der Umhang, welcher von Beuys vor seinem Torso zusammengehalten wird, bedeckt nicht nur Beuys selbst, sondern fällt wegen der Länge zudem auch auf dem Boden. Der Kojote, teils unscharf, ist Beuys zugewandt und bewegt sich auf diesen zu. Seine Ohren sind gespitzt, sein Schwanz ist eingeklappt. Neben dem Kojoten liegt ein Teil des Filzumhanges auf dem Boden. Dieser weist einige Beschädigungen auf. Im Hintergrund, in einer Ecke des Raumes befindet sich ein Haufen Stroh. Der Galerieraum weist einen Holzboden und kahle Wände auf. Es sind auf dem Foto zudem zwei große Fenster zu sehen, durch die es zu mäßigem Lichteinfall kommt. Wodurch gepaart mit der schwarz-weiß Aufnahme eine düstere Stimmung generiert wird. Diese wird noch durch die verschiedenen Symbole, wie dem dunklen Filzumhang, aber auch dem Kojoten selbst untermauert.

Zur Person

Joseph Beuys: Künstler, Visionär, Provokateur.
Mit seinen Aktionen und Projekten wies Beuys der Kunst, im Besonderen der Plastik eine neue Bedeutung zu und schaffte dadurch viel Raum für Bewunderung aber auch Missgunst. Als deutscher Künstler verfolgte Beuys genaue Vorstellungen und Ziele, die er durch sein künstlerisches Schaffen verwirklichen wollte. Bis heute gilt er als einflussreicher und dennoch umstrittener Künstler.
Doch wer war Beuys wirklich?

BEUYS Trailer

Im Kopf von Joseph Beuys

Was sagt uns Beuys mit dieser Aktion? Möchte er provozieren oder ein Bewusstsein für eine relevante Thematik schaffen? Oder beides?
Für mich persönlich ist sein Werk genau gegenteilig zu dem Titel zu verstehen. "I like America and America likes Me" soll wohl ironisch gemeint sein, da seine Aktion einen klaren Bezug zur Ausbeutung der nordamerikanischen Ureinwohner hat. So wird der Konflikt mit den europäischen Eroberern thematisiert. Der Kojote steht hier wohl sinnbildlich für die Ureinwohner und Beuys für die Europäer. Nun kann man sich fragen, ob Beuys sich selbst mit seiner Aussage meint, dass er Gefallen an Amerika findet oder die Ganzheit der europäischen Eroberer. Wie auch Beuys mit dem Kojoten auf Verständigungsprobleme gestoßen ist, so erging es auch den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die damalige Betrachtungsweise anderer Völker ging mit Ablehnung und Wut durch Unwissenheit einher. Doch Beuys Werk geht einen Schritt weiter, da durch den Verlauf seiner Aktion aufgezeigt wurde wie aus Feindseligkeit mit Geduld Verständnis werden kann. So konnte Beuys gegen Ende seiner Aktion friedlich mit dem Kojoten zusammenleben. Aufgrund Beuys spiritueller Ader wurde vermutlich der Hirtenstab als zusätzliches Motiv bei seinem Werk gewählt. Dieses Motiv ist auch in der Religion oft vorzufinden und beschreibt die Verpflichtung eines jeden Hirten: "Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich." (Joh 10, 14)
Man könnte demnach auch annehmen, dass der Hirtenstab dazu dienen soll die thematisierten Verständigungsprobleme zu beseitigen, wie er auch genutzt wird, um Konflikte unter Schafen zu bereinigen. Ein anderer Ansatz wäre, dass Beuys selbst als Schäfer fungiert und durch seine Aktion die Knofliktaufarbeitung inszeniert. 

Andere Meinungen?

Beuys bekam durch diese Aktion und frühere Werke den Beinamen "Schamane" verliehen. Er wurde dadurch mit mythischen Elementen in Verbindung gebracht und fortan bezogen sich viele Kritiker und Befürworter seiner Kunst auf diese Referenz. Nach Heiner Stachelhaus, sprach er durch seine Werke „die seelischen Bereiche, die empfänglich für Mythen, Magie, Riten und schamanistischen Zauber sind“ an. Seine Arbeit wurde zudem als neuer Weg anerkannt sich Problemen anzunähern und auch politisch zu äußern. Gerade durch sein Werk "I like America and America likes me", welches als ein „geistiges Aufklärungsstück“ (Blume, 2006) betitelt wurde oder auch als ein „Dialog der Kulturen“ (Deppner und von Drateln, 1991) verstanden wird, ruft bei Betrachtern dieses Werkes eine Assoziation mit politischem Aktivismus hervor. Doch nicht nur Befürworter seiner Kunst reagierten auf seine Aktion. Viele der Kritiker sahen diesen Werk als weiteren Teil seiner eigens produzierten Welt aus Fett, Filz und toten Tieren (in diesem Fall lebendigen). Beuys liegen jedoch immer gute Gründe vor, warum er verschiedene Daseinsformen in seine Werke integriert. So sagte er über sein Werk aus, dass mit dem Kojoten noch eine Rechnung offen sei. Und um das entstandene Trauma zu bereinigen, müsse diese Beglichen werden. Auch der Schamanenbezug war Beuys wohl durchaus bewusst, da Schamanen mit Heilung und Reinigung assoziiert werden. So ließ Beuys sich selbst mit einem Krankenwagen zur Aktion transportieren und auch wieder abführen, anstatt eine andere Möglichkeit des Transportes zu wählen, Hier wird das Motiv der Heilung deutlich, dass auch viele Betrachter als Anstoß für die Schamanenmetapher nahmen. Dieser Heilungsprozess ist noch heute relevant, da in Amerika immer noch eine Aufarbeitung des "Traumas" und damit eine Aufhebung der Trennung zwischen verschiedenen sozialen und ethnischen Gruppen notwendig ist.
Als Fazit kann man daher festhalten, dass der "Schamane" der Kunstwelt Beuys mit diesem Werk seinem Ruf gerecht wird und einen Anstoß zu dieser Aufarbeitungsproblematik gab.