Das Fett als Kunstobjekt - Eine soziologische Annäherung

Das Fett als Kunstobjekt dienen kann, hat Beuys bewiesen. Dennoch wurde er dafür oft belächelt und Kritiker taten diese Kunstform als ‚ekelig‘ ab. Dabei wählte Beuys dieses Material mit bedacht. Ganz im Sinne seiner Theorie der Plastik lässt sich Fett nach Belieben formen, ob zu etwas Flüssigem oder Festen, wodurch immer neu Formen und Möglichkeiten entstehen. Dennoch wird Fett von der Allgemeinheit als unästhetisch bewertet und es ruft bei vielen Menschen ein Gefühl von Ekel hervor. Diese Stellung zum Material Fett resultiert jedoch allein aus einer Kette von Zuschreibungen des Menschen. Wir selbst haben Fett als unästhetisch definiert und durch Begriffe und Zuschreibungen objektiviert. So wurde das zunächst bedeutungslose Fett mit Bedeutung versehen und zu dem uns heute vertrauten unästhetischen Fett. Selbstverständlich variiert die Bedeutung und die Ansicht je nach kulturellem Kontext und Praktiken des Alltags. So wird ein purer Klumpen Fett ohne Kontext als unästhetisch wahrgenommen, als Lippenpflege wird es jedoch ohne Bedenken oder Ekel verwendet. Dieses nicht vorhandene Überdenken der Menschen und deren Unverständlichkeit gegenüber Beuys Objekten und Installationen verleiht diesen oftmals ihre Aussagekraft. So treten oft unbewusste Assoziationen auf und wirken damit auf den Betrachter ein.

So schaffte Beuys durch seine Wahl der Materialien immer wieder neue Diskussionen in der Kunstwelt und es wurde debattiert was als Kunst deklariert werden sollte. So warf dies auch die spöttische Frage auf: „Ist das Kunst oder kann das weg?“

Wie Fett zur Kunst wurde

Die Fettecke stellt ein gestalterisches Element in den Werken von Beuys dar. Unter anderem verwendete er sie in der Installation „Der Stuhl mit Fett“ (1963) oder in der „Fettecke mit Filter“ (1963). Dennoch ist das mitunter bekannteste Werk wohl die „Fettecke“ (1982), welche er in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf in fünf Meter Höhe anbrachte. Es handelte sich dabei genauer um 5 kg Butter, welche er haltbar gemacht hatte und in dem Atelier verranzen ließ. Die „Fettecke“ überließ er seinem Meister-Schüler Johannes Stüttgen mit den Worten: „Johannes, jetzt mache ich dir endlich deine Fettecke“. Daraufhin diente das Werkt vor allem für Seminarteilnehmer als Lehrobjekt, aber auch Besucher konnten das Werk betrachten.

Auch wenn die „Fettecke“ heute zu einem der berühmtesten Werke Beuys gehört, erhielt sie zu seinen Lebzeiten nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit. Erst das „Ende“ der Fettecke sorgte für den heutigen Status in der Kunstwelt.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Kurz nach dem Tod von Beuys passierte der Fauxpas, die „Fettecke“  wurde vom Hausmeister der Kunstakademie entfernt und landete im Müll. Wo sie von einem entsetzen Johannes Stüttgen entdeckt und zumindest zum Teil gerettet wurde. Stüttgen erhielt nach einem Prozess eine nicht geringe Summe als Schadensersatz. Bei diesem Vorfall handelte es sich jedoch nicht um den kuriosesten Kunstunfall. Bereits etwas über 10 Jahre zuvor wurde ein Werk von Beuys, welches aus einer Badewanne mit Mullbinden, Pflastern und Fettklumpen versehen war, versehentlich von zwei Frauen zerstört, indem sie das Behältnis zum Gläser spülen verwendeten. Auch hier kam es zu einer Schadenszahlung an den Kunstsammler Lothar Schirmer, der das Werk zuvor von Beuys erstanden hatte. Durch diesen Vorfall kam es zu deutschlandweiten Diskussionen und die Frage stellte sich: Was ist eigentlich Kunst?

Aber was wurde eigentlich aus der entfernten Fettecke? 30 Jahre nach dem Vorfall haben sich die drei Künstler: Markus Löffler, Künstlern Andree Korpys und Dieter Schmal in Düsseldorf versammelt und nahmen sich den Überresten der beuysschen Fettecke an. So haben sie diese zunächst mit Wasser und Alkohol vermengt um daraus anschließend Schnaps zu brennen. Sie schilderten, dass dieser nach Parmesan geschmeckt haben soll.